zurück zurück Bericht erschien im SÜDKURIER am 10.1.04

Mit 45 liegen die Grenzen wo anders...

Der einstige Motocross-Profi Manfred Schäuble aus Hottingen ist
nach wie vor auf seiner Maschine im Gelände anzutreffen


Ein Heizungsbauer und sein heißer Ofen: Motocross-Ass Manfred Schäuble aus Hottingen ist nach wie vor oft im Gelände anzutreffen. Foto: Stefanie Griner

Wer kann von sich behaupten, einen Genick-bruch nahezu unversehrt überstanden zu haben? Manfred Schäuble, Heizungsbauer aus Rickenbach-Hottingen, kann das. Das Jahr 1981 vergisst der Hotzenwälder sicher nie. Damals war der ehemalige Motocross-Berufsfahrer frisch von der 250ccm-Klasse in die 500ccm-Klasse gewechselt und fuhr mit seiner Honda die Deutsche Meisterschaft und WM-Rennen.

Dann passierte das Unglück. Bei einem Rennen in Nordfrankreich überschlug er sich mit seiner Maschine und brach sich einen Halswirbel. Kurze Lähmungserscheinungen und eingeschränkte Bewegungsfreiheit waren die Konsequenz - ein Karriereende schien nah. Doch Schäuble hatte Glück. Nach vier Wochen in einem französischen Krankenhaus war er fast wieder der Alte.

Bevor Schäuble 18 Jahre alt war, war Motocross ein Fremdwort für den Mofa- und Mopedfahrer, der seine fahrbaren Untersätze ganz pragmatisch lediglich zur Fortbewegung nutzte. Dann lernte er Harru Erler kennen, der mit seinen Kollegen ein Gelände zwischen Hänner und Hottingen als Motocross-Trainingsplatz nutzte. Schäuble war sofort begeistert und kaufte sich im April 1977 sein erstes Motorrad, eine Suzuki mit 125 ccm Hubraum. Im September schon bestritt er sein erstes Rennen in Hüttlingen bei Aalen. Er überstand die Qualifikation und wurde am Ende Fünfter.

1978 lernte Manfred Schäuble dann Karl-Heinz Renner, den Vorsitzenden des MSC Schopfheim, kennen. Gemeinsam fuhren sie zu Rennen und Schäuble bekam von Renner, einem versierten Motorradmechaniker, große Unterstützung. Zum Schluss baute der Hottinger sein Motorrad selbst auseinander und wieder zusammen: "Bis zur letzten Schraube, inklusive Federgabel." Schon 1979 gewann Schäuble zwölf Rennen - "schlechteste" Resultate waren zwei vierte Plätze. Am Ende hatte er die Deutsche Juniorenpokal-Meisterschaft geholt und bekam dafür Motorräder und Ersatzteile für ein Jahr umsonst.

Mit der Unterstützung von Honda Deutschland nahm Schäunle nun an der Deutschen Meisterschaft teil, erhielt 1981als Honda-Berufsfahrer kostenloses Material und Erfolgsprämien. Die Zukunft sah für das vielversprechende Talent sehr rosig aus. Doch dann kam der Bruch des Halswirbels - auch "mangels Konzentration" wie Schäuble eine gewisse Eigenverantwortung nicht abstreitet: "Ich war total übernächtigt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich kein Management und musste alles selbst machen. Das hat mich überfordert." Doch schon ein Jahr danach saß er wieder auf seiner 500er und wurde Dritter bei der DM.

"Nach meinem Unfall wollte ich entweder gut ausgeruht an einem Rennen teilnehmen oder darauf verzichten", war Schäubles neuer Vorsatz. Besonders wichtig waren für ihn ein ausgefeiltes Training und optimale Vorbereitung. Konsequent trainierte er Reaktion, Kondition, Beweglichkeit und Schnellkraft durch Laufen, Gymnastik, Krafttraining, Rad fahren und Langlauf. Nach der Euphorie um sein Comeback folgte 1983 ein schlechtes Jahr. Manfred Schäuble brach sich das Schlüsselbein, hielt psychisch dem hohen Leistungsdruck schlecht stand.

Zwischen 1984 und 1987 fuhr er für KTM und Suzuki, hatte aber keinen festen Vertrag mit einem Hersteller. Das Material bekam er zwar gestellt, musste sich aber über Erfolge selbst finanzieren. "Unter den ersten Drei eines Rennens verdient man Geld. Wenn nicht, wird es schwierig", blickt Schäuble zurück: "Wenn man verletzt war, gab es gar nichts."

Nachdem er sich in Folge Sprunggelenk, Finger, Mittelhand und Schlüsselbein gebrochen hatte und die Kniebänder gerissen waren, verließ Schäuble die Piste und stieg in den väterlichen Betrieb ein. Seinen Heizungsbaumeister hatte er seit 1979. "Wenn ich einen Vertrag bekommen hätte, hätte ich mit dem Sport weitergemacht," ist sich Schäuble heute noch sicher. So aber hörte er mit 28 Jahren auf und bereut nichts: "Ich habe viele Länder gesehen: Amerika, Südafrika und fast ganz Europa".

Manfred Schäuble noch immer Motorrad. Nur im Gelände, niemals auf der Straße. "Ich möchte spüren, dass es an meine Grenzen geht. Auf der Straße ist das viel zu gefährlich", erklärt er seine Vorliebe für unebenes Gelände und schmunzelt: "Allerdings liegen meine Grenzen mit 45 Jahren natürlich wo anders als mit 25."

An Wettbewerben nimmt er ebenfalls teil. Bis 1996 fuhr er die Schweizer Viertakter-Meisterschaft, dann brach er sich einen Brustwirbel. Am liebsten fährt er jetzt Drei-Stunden- oder Langstrecken-Rennen. Vergangenes Jahr belegte er bei einem Sechs-Stunden-Rennen in Ungarn am Plattensee bei 140 Startern den dritten Platz. "Ich weiß nicht, ob ich jemals so ein hartes Rennen gefahren bin", sind ihm die Strapazen immer noch gegenwärtig.

Zwei seiner drei Söhne - Matthias (14 Jahre) und Jonas (8) - haben Vaters Begeiste-rung fürs Motorrad geerbt. Der 18-jährige Jakob hat andere Hobbys. Für Manfred Schäuble ist das kein Beinbruch. "Sport ist sehr wichtig", sagt er, es müsse aber nicht unbedingt Motocross sein. "Wer konzentriert und mit Engagement arbeitet, kann sportlich und beruflich einiges erreichen", ist sich Schäuble sicher. "Mein großes Ziel war es damals, bei der WM-Endwertung mindestens unter die ersten Drei zu kommen. Der Ehrgeiz und der Wille waren da", verrät er, allerdings sei er nicht besonders gut gemanagt worden und hatte finanziell den Rücken nicht frei. "Ich vermisse aber nichts, denn auch beruflich habe ich viel Erfolg. Außerdem fahre ich immer noch gerne Motorrad, und ich fahre, solange ich noch kann", sagt Schäuble zufrieden.

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© Manfred Schäuble OFF-ROAD-TEAM